Bei therapieresistenter Depression ist die Augmentation mit Lithium oder Antipsychotika eine leitliniengerechte und wirksame Strategie. Ketamin und das kürzlich zugelassene Esketamin zeigten sich in Studien hoch wirksam bei der akuten Behandlung von Depressionen. Erstmals wurden in einem kürzlich publizierten Review m verschiedene Augmentationsstrategien mit (Es)ketamin in Hinblick auf Wirksamkeit untersucht.

In den meisten bisher veröffentlichten Studien zeigte sich sowohl das Recemat von Ketamin mit intravenöser Applikation als auch das Nasenspray mit Esketamin bei depressiven Störungen wirksam. Dies gilt sowohl für unipolare als auch für bipolare sowie für akute und therapieresistente Depressionen (TRD). Direkte Vergleichsstudien mit anderen Substanzen gibt es hingegen kaum. Netzwerkmetaanalysen können hier zumindest in der Theorie Abhilfe schaffen, um zumindest die Wirksamkeit und die Nebenwirkungen indirekt zu vergleichen. Japanische Wissenschaftler haben nun eine solche Netzwerkmetaanalyse umgesetzt und mit Lithium und Aripiprazol zwei Vergleichssubstanzen gewählt, die in der Indikation TRD häufig zum Einsatz kommen. Untersucht werden sollte die Augmentation dieser Substanzen, das heisst die zusätzliche Gabe zu einem Antidepressivum. Eingeschlossen wurden nur plazebo-kontrollierte Studien oder Studien mit aktiver Vergleichssubstanz. Alle Studien hatten als primären Endpunkt die Besserung der depressiven Symptomatik. Patient:innen waren zwischen 18 und 65 Jahre alt, die an einer TRD litten und mindestens auf einen Therapiezyklus mit einem Antidepressivum nicht respondierten. Zudem wurde in einer Subgruppenanalyse die Dauer der Behandlung (< einer Woche und > einer Woche) sowie die Verträglichkeit untersucht. Insgesamt wurden 23 Studien inkludiert. 5 Studien untersuchten intravenöses Ketamin (n=157 Teilehmer:innen), 5 intranasales Ketamin (n=565), 7 Aripiprazol (n=1217) und 6 Lithium (n=92). Es wurde nur eine head-to-head-Vergleichsstudie (Aripiprazol versus Lithium) eingeschlossen, alle anderen waren plazebo-kontrolliert. Im Ergebnis zeigten sich alle Substanzklassen gegenüber Plazebo überlegen. Die intravenöse Applikation von Ketamin war dem Nasenspray mit Esketamin und Aripiprazol überlegen. Gegenüber Lithium war intravenöses Ketamin ebenfalls wirksamer, jedoch nicht statistisch signifikant. Bezüglich der Verträglichkeit zeigten sich Lithium und intravenöses Ketamin ähnlich gut verträglich wie Placebo, während Esketamin und Aripirparzol weniger gut verträglich waren. Studien mit einer Dauer von unter einer Woche zeigten, dass Aripiprazol, Ketamin und Esketamin im Vergleich zu Lithium schon wirksam waren. Studien mit einer Dauer von über einer Woche zeigten eine Wirksamkeit von allen Substanzen mit jedoch schlechterer Verträglichkeit von Aripiprazol und Esketamin.

Die Metaanalyse konnte zeigen, dass intravenöses Ketamin sowie Lithium die beste Wirksamkeit bei unipolarer TRD aufweisen. Aufgrund der für eine Metaanalyse eher niedrigen Fallzahl können daraus jedoch nur vorsichtige Schlüsse gezogen werden. So zeigten sich die Effekte in der Sensititvitätsanalyse nicht mehr so prominent, wenn gleich die odds-ratios für intravenöses Ketamin auch in dieser Analyse am stärksten waren. Leider wurden in einigen Studien typische Nebenwirkungen von (Es)ketamin wie Dissoziation, Übelkeit und erhöhter Blutdruck laut Autoren nicht immer ausreichend dargestellt. Zudem war die Schwere der Depression in den Esketamin-Studien im Vergleich zu den anderen Studien erhöht, weswegen die Effektivität möglicherweise geringer ausgefallen ist. Zuletzt wurde keine Subgruppenanalyse verschiedener Antidepressivaklassen vorgenommen.

 

Fazit:

Mitzunehmen ist jedoch, dass Lithium in dieser Metaanalyse eine vergleichbare Wirkung wie Ketamin hatte und weniger aufwendig und kostenintensiv ist und daher der Einsatz ggf. noch vor (Es)ketamin zumindest geprüft werden sollte.

Quelle:

Quante A. Augmentation mit Ketamin versus anderen Pharmaka – ein Vergleich. PSYCH up2date 2024; 18(06): 446 – 447. doi:10.1055/a-2216-9216

Publikationsdatum: 18. November 2024 (online)

Autor Studienreferat: PD Dr. med. Arnim Quante, Berlin